Filesharing Klage Baumgarten Brandt Condor Inkasso abgewiesen: Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 20.02.2014 (210 C 213/13)

AG Charlottenburg: Klage Condor, vertreten durch Baumgarten Brandt, abgewiesen

Diese Woche erhielten wir höchst erfreuliche Post aus Berlin. Einer unserer Mandanten war von der Condor Gesellschaft für Forderungsmanagement mbH vor dem Amtsgericht Charlottenburg in Berlin verklagt worden. Das Amtsgericht Charlottenburg in Berlin hat nunmehr mit Urteil vom 20.02.2014 (Aktenzeichen 210 C 213/13) die Klage voll abgewiesen. Stand heute (28.02.2014) ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, die Gegenseite kann innerhalb eines Monats ab Zustellung Berufung dagegen einlegen.
Wir möchten an dieser Stelle auch schon vor Rechtskraft des Urteils dieses einmal näher darstellen, um anderen Abgemahnten Mut zu machen und möglicherweise sogar eine Argumentationshilfe für das eigene Verfahren bieten.

AG Charlottenburg Urteil vom 20.02.2014: der Sachverhalt

Über den Internetanschluss unseres Mandanten soll im Jahr 2009 der Film "Kill Theory" illegal via Tauschbörse vertreitet worden sein. Unser Mandant teilte uns glaubhaft mit, niemals eine Abmahnung erhalten zu haben. Ende 2012 und damit gerade noch innerhalb der Verjährungsfrist ist dann durch die Condor Gesellschaft für Forderungsmanagement mbH zunächst ein Mahnbescheid und dann ein Vollstreckungsbescheid beantragt und durch das Amtsgericht Mayen auch erlassen worden. Für die Condor Gesellschaft für Forderungsmanagement mbH war im gerichtlichen Mahnverfahren Rechtsanwalt Bernd Rudolph tätig. Nach Erhalt des Vollstreckungsbescheides durch das Amtsgericht Mayen hat sich der Mandant an unsere Kanzlei gewandt, wir haben gegen den Vollstreckungsbescheid Einspruch eingelegt. Darauf wurde der Rechtsstreit an das von Rechtsanwalt Bernd Rudolph angegebene Amtsgericht Mitte in Berlin abgegeben. Das Amtsgericht Mitte ist jedoch unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das zuständige Amtsgericht Charlottenburg. Nur am Rande sei angemerkt, dass in fast jedem Filesharing-Verfahren, welches wir für abgemahnte Internetnutzer bearbeiten, Rechtsanwalt Bernd Rudolph das falsche Prozessgericht angegeben hat. Für die Wirksamkeit des Mahn- und Vollstreckungsbescheides hat dies keine Auswirkungen, so langsam denken wir uns jedoch unseren Teil...

AG Charlottenburg Urteil vom 20.02.2014: Das Urteil

Nach Abgabe des Rechtsstreits an das Amtsgericht Charlottenburg trat dann wieder die Kanzlei Baumgarten Brandt für die Condor Gesellschaft für Forderungsmanagement mbH auf. Auch dies geschieht regelmäßig. Wir haben den Eindruck, dass Rechtsanwalt Bernd Rudolph nur Inkasso kann, sich jedoch nicht im Urheberrecht auskennt. Die Kanzlei Baumgarten Brandt musste also wieder auf Klägerseite ran, diese Kanzlei hatte vor allem in den Jahren 2009 und 2010 zahlreiche Filesharing-Abmahnungen ausgesprochen.
Das Amtsgericht Charlottenburg hat am 23.01.2014 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der ich für unseren Mandanten teilgenommen habe. Das Gericht hob den zuvor ergangenen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Mayen auf und wies die Klage mit Urteil vom 20.02.2014 (Aktenzeichen 210 C 213/13) insgesamt ab.
Das Amtsgericht Charlottenburg ist dabei in vollem Umfang der von unserer Kanzlei vertretenen Argumentation gefolgt und hat sowohl eine Haftung als Täter wie auch eine solche als Störer verneint. Unter Bezugnahme auf die zugrunde liegende BGH-Entscheidung vom 12.05.2010 (Sommer unseres Lebens) verwies das Amtsgericht Charlottenburg zunächst auf die grundsätzlich zu Lasten des Anschlussinhabers bestehende Vermutung, dass dieser auch der Rechtsverletzer ist. Allerdings haben wir dann für den Beklagen aus Sicht des Gerichts ausreichend im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorgetragen und somit den Anscheinsbeweis - der keine Beweislastumkehr zum Nachteil des Anschlussinhabers darstellt - entkräftet. Bereits durch unseren Vortrag, dass eine Tauschbörsensoftware auf dem Computer unseres Mandanten nicht lauffähig war und dieser niemals eine Tauschbörse benutzt hat, sah das Amtsgericht Charlottenburg die Anforderungen an die Darlegungslast erfüllt. Zusätzlich wies das Gericht auf den Umstand hin, dass von Klägerseite bei der Datenermittlung die Dateigröße mit 0,00 MB angegeben worden war.
Festzuhalten ist, dass nach der - von unserer Kanzlei bereits seit längerer Zeit vertretenen - Auffassung des Amtsgerichts Charlottenburg dem Anschlussinhaber nicht zugemutet werden muss, eigene Ermittlungen anzustellen, um den Täter ausfindig zu machen. Dies hatte beispielsweise auch das OLG Hamm so entschieden. Einige andere Gerichte hatten bereits in jüngerer Vergangenheit entschieden, dass der Anscheinsbeweis dann entkräftet ist, wenn ein Alternativtäter ernsthaft in Betracht kommt. Das Amtsgericht Charlottenburg geht noch einen Schritt weiter und fordert hierfür nicht einmal einen Alternativtäter. Dies ist im Ergebnis und in der Argumentation zu begrüßen. Müsste man - wie dies in der Vergangenheit einige Gerichte entschieden haben - immer die eigene Täterschaft nachweislich ausschließen und zusätzlich einen Alternativtäter benennen, der zum fraglichen Tatzeitpunkt Zugriff auf den Internetanschluss hatte, hätte beispielsweise ein Ein-Personen-Haushalt niemals die Möglichkeit, sich von der zu seinem Nachteil bestehenden Vermutung zu entlasten. Etwas überspitzt formuliert könnte ein Single also seiner Haftung für über seinen Anschluss begangene Urheberrechtsverletzungen wohl nur durch Selbstmord entgehen.
Das Amtsgericht Charlottenburg sieht es begrüßenswerterweise als ausreichend an, wenn die eigene Täterschaft substantiiertbestritten wird. Es reicht also auch zukünftig nicht aus, einfach zu sagen: "Ich war es nicht." Wenn man dies jedoch ausreichend begründet, kann man seiner Haftung entgehen. Hoffentlich erkennen dies zukünftig auch andere Gerichte!
Aufgrund der - von uns vorgetragenen und von der Condor Gesellschaft für Forderungsmanagement mbH nicht rechtzeitig bestrittenen - ausreichenden Sicherung des WLAN-Anschlusses verneinte das Amtsgericht Charlottenburg nicht nur eine Haftung als Täter, sondern auch eine solche als Störer und wies mit Urteil vom 20.02.2014 (Aktenzeichen 210 C 213/13) die Klage auch bezüglich der Anwaltskosten insgesamt ab. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Condor Gesellschaft für Forderungsmanagement mbH auferlegt. Unser Mandant muss also weder Gerichtskosten, noch unsere Anwaltskosten oder Anwaltskosten an die Kanzlei Baumgarten Brandt bezahlen.

Das Urteil finden Sie hier im Volltext:

Speichern Öffnen AGCharlottenburgUrteilvom20.02.2014AZ210C21313.pdf (778,96 kb)

Eingestellt am 28.02.2014 von Rechtsanwalt A. Forsthoff
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