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Landgericht Frankenthal: Keine gesteigerte Nachforschungspflicht des Anschlussinhabers
LG Frankenthal: Hinweisbeschluss vom 16.02.2015 (Aktenzeichen 6 S 19/14)
Unsere Kanzlei vertritt derzeit in mehreren Dutzend Verfahren bundesweit Anschlussinhaber, die nach Erhalt einer Filesharing-Abmahnung auf Zahlung von Schadensersatz und Erstattung von Rechtsanwaltskosten verurteilt werden. Zahlreiche dieser Verfahren waren und sind vor dem Amtsgericht Frankenthal anhängig. Bis heute wurden alle Klagen vor dem Amtsgericht Frankenthal, in denen unsere Kanzlei einen oder mehrere Beklagten vertreten hat, abgewiesen und die Kosten den klagenden Rechteinhabern auferlegt. In einem der Verfahren hatte die Firma Condor, vertreten durch die Kanzlei BaumgartenBrandt, Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Frankenthal eingelegt. Das Landgericht Frankenthal hat nicht einmal eine mündliche Verhandlung anberaumt, sondern mit Hinweisbeschluss vom 16.02.2015 (Aktenzeichen 6 S 19/14) nach § 522 Abs. 2 ZPO den Hinweis an die Klägerin erteilt, dass das Landericht beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, sofern Condor die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Frankenthal nicht zurücknimmt.LG Frankenthal: Die maßgeblichen Erwägungen des Gerichts
Das Amtsgericht Frankenthal hatte die gegen unseren Mandanten erhobene Klage gleich aus mehreren Gründen abgewiesen: Die Ungeeignetheit der eingesetzten Ermittlungssoftware "Observer", den Nachweis der Anspruchsberechtigung der Firma Condor sowie den fehlenden Nachweis einer Haftung des Beklagten als Täter oder Störer.Das Landgericht Frankenthal hat die ersten beiden Erwägungen des Amtsgerichts nicht für überzeugend gehalten. Wenn ein Gericht Zweifel an der ordnungsgemäßen Funktionsweise der Ermittlungssoftware hat, darf es nicht einfach das Beweisangebot der Klägerin, ein Sachverständigengutachten einzuholen, übergehen und die Software von vorneherein für ungeeignet halten. Das Gericht muss vielmehr - auf Kosten der Klägerin - ein Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob die Ermittlungssoftware hier tatsächlich funktioniert hat oder nicht. Diese Erwägungen des Landgerichts Frankenthal sind nach unserer Einschätzung durchaus vertretbar.
Weiter hat das Landgericht Frankenthal die Anspruchsberechtigung der Firma Condor im Grundsatz bejaht. Dies ist unseres Erachtens im vorliegenden Fall falsch. Denn die Firma Condor hatte sich die Forderung zunächst nach ihrem eigenen Vortrag abtreten lassen, danach soll wieder eine Rückabtretung erfolgt sein, schließlich haben sowohl der Ursprungsgläubiger als auch Condor parallel Forderungen geltend gemacht, angeblich soll es schließlich wieder zu einer Abtretung an Condor gekommen sein. Dieses "Verwirrspiel" mit den Hin-und-Her-Abtretungen der (vermeintlichen) Forderungen war derart obskur, dass das Amtsgericht Frankenthal zurecht Zweifel an der Anspruchsberechtigung von Condor hatte und eine Bestätigung der Abtretung nicht hat ausreichen lassen, sondern die Vorlage eines schriftlichen Abtretungsvertrages gefordert hat. Das Landgericht Frankenthal weist insoweit nunmehr darauf hin, dass eine Abtretung nicht formbedürftig ist und ein schriftlicher Abtretungsvertrag nicht von der Firma Condor verlangt werden kann. Diese Ansicht kann nicht überzeugen. Zwar ist eine Abtretung natürlich nicht formbedürftig und kann theoretisch auch mündlich erfolgen. Da die Firma Condor und der Ursprungsgläubiger hier jedoch beide die Forderungen parallel nebeneinander geltend machten (der Ursprungsgläubigiger als eigenem Recht, Condor aus abgetretenem Recht, beides nebeneinander geht natürlich nicht!) und es vollkommen unklar war, wann genau an wen eine Abtretung erfolgt sein soll, hat das Amtsgericht Frankenthal den Vortrag der Firma Condor, die Forderungen durch Abtretung erworben zu haben, als unglaubwürdig eingestuft. Dies ist eine zutreffende Würdigung des Gerichts, die das Landgericht Frankenthal anders vorgenommen hat, unseres Erachtens zu Unrecht. Der Usprungsgläubiger hatte hier die vermeintliche Forderung nur außergerichtlich geltend gemacht. In zahlreichen anderen Fällen kam es jedoch vor, dass sowohl Condor als auch der Ursprungsgläubiger parallel aus derselben (angeblichen) Urheberrechtsverletzung einen Mahnbescheid erwirkt haben. Auf unseren Widerspruch gegen beide Mahnbescheide hat dann jedoch Condor in allen Fällen die vermeintlichen Forderungen nicht weiterverfolgt, sondern nur der Ursprungsgläubiger. Dieses ganze Verhalten lässt bei uns erhebliche Zweifel an der Anspruchsberechtigung von Condor aufkommen.
Das Landgericht Frankenthal geht jedoch im Ergebnis zutreffend davon aus, dass die Klage von Condor aus einem anderen Grund unbegründet ist:
Kein Nachweis einer Haftung als Täter oder Störer
Unter Berufung auf die Morpheus-Entscheidung des BGH hat das Landgericht Frankenthal zutreffend darauf hingewiesen, dass es Aufgabe des Klägers ist, die Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers nachzuweisen. Unter Berufung auf das Bearshare-Urteil des BGH führt das Landgericht Frankenthal ebenso zutreffend weiter aus, dass der Anschlussinhaber darlegen muss, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen Zugriff auf seinen Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen. Insofern ist es ausreichend, die Anzahl und die Namen der in Betracht kommenden Personen anzugeben.Weitere Nachforschungspflichten hat das Landgericht mit zu begrüßender Deutlichkeit abgelehnt: Der Anschlussinhaber muss weder einen konkreten Geschehensablauf darlegen (etwa wer wann und wie genau den Verstoß begangen hat) noch muss er weiter nachforschen, wer denn für den Verstoß tatsächlich in Betracht kommen kann. Die vom BGH geforderte Nachforschungspflicht bezieht sich nach zutreffender Einschätzung des Landgerichts Frankenthal nur auf die selbständige Nutzungsmöglichkeit des Anschlusses durch Dritte. Insoweit sieht das Landgericht Frankenthal die Rechtslage vollkommen zu Recht anders als etwa das Landgericht Stuttgart, welches dem Anschlussinhaber zumuten will, seine Haushaltsangehörigen auszuforschen und ggf. auch deren Rechner zu untersuchen und das Untersuchungsergebnis dem Kläger mitzuteilen. Eine solche weitgehende Nachforschungspflicht, die sowohl datenschutzrechtlich als auch vor dem Hintergrund des besonderen Schutzes innerhalb der Familie höchst problematisch ist, hat der BGH ersichtlich nicht aufstellen wollen.
Wenn der Anschlussinhaber dargelegt hat, wer selbständig Zugriff auf seinen Anschluss hatte, muss der Kläger nachweisen, dass der Anschlussinhaber als Täter in Betracht kommt. Wenn ihm dies - was regelmäßig der Fall sein dürfte - nicht gelingt, ist eine Haftung des Anschlussinhabers als Täter nicht gegeben.
Auch eine Haftung als Störer wurde durch das Landgericht Frankenthal zu Recht verneint. Der Anschlussinhaber muss seine Familienangehörigen nicht ohne Anlass belehren oder ihnen eine Tauschbörsennutzung untersagen.
Sofern die Firma Condor nicht innerhalb der ihr vom Gericht gesetzten Frist die Berufung zurücknimmt, dürfte das Landgericht Frankenthal die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückweisen und die Kosten des Rechtsstreits der Firma Condor auferlegen. Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:
Eingestellt am 11.03.2015 von Rechtsanwalt A. Forsthoff
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