Unberechtigte Filesharing-Abmahnung: Abmahner TELSEV SARL (RA Rainer Munderloh) muss zahlen (§ 97 a Abs. 4 UrhG)

Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 20.11.2014: Abmahner TELSEV SARL muss Kosten erstatten

Diese Woche erhielten wir ein aus unserer Sicht äußerst erfreuliches Urteil des Amtsgerichts Heidelberg. Nachdem eine Mandantin unserer Kanzlei eine Abmahnung der TELSEV SARL aus Frankreich erhalten hatte, ausgesprochen durch den hierfür bekannten Rechtsanwalt Rainer Munderloh, haben unsere Mandantin und wir den Spieß umgedreht und die TELSEV SARL auf Erstattung der hier angefallenen Anwaltskosten verklagt, da aus unserer Sicht die Abmahnung unbegründet war. Das Amtsgericht Heidelberg hat mit Urteil vom 20.11.2014 (Aktenzeichen: 23 C 353/14) unserer Klage voll stattgegeben und die von der TELSEV SARL erhobene Widerklage auf Zahlung von Teilschadensersatz abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der TELSEV SARL auferlegt.

Filesharing-Urteil Amtsgericht Heidelberg: Der Sachverhalt

Vorangegangen war eine durch Rechtsanwalt Rainer Munderloh im Jahr 2013 im Auftrag einer Firma RGF Productions Ltd. ausgesprochene Abmahnung. Wir hatten seinerzeit die Abmahnung als unberechtigt zurückgewiesen, gleichwohl eine Unterlassungserklärung für die Mandantin abgegeben. Da gerade in dem hier betroffenen Bereich (Pornofilme) häufig Folgeabmahnungen wegen anderer Filme ausgesprochen werden, haben wir die Unterlassungserklärung bewusst so formuliert, dass (berechtigte) Folgeabmahnungen der Kanzlei Rainer Munderloh nicht mehr ausgesprochen werden können. Zu diesem Zweck haben wir auch neben der RGF Productions Ltd. den weiteren Rechteinhaber, der Filesharing-Abmahnungen durch Rechtsanwalt Rainer Munderloh aussprechen lässt, mit in die Unterlassungserklärung aufgenommen. Dabei handelte es sich um die Firma TELSEV SARL. Selbstverständlich haben wir die Unterlassungserklärung "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" abgegeben.
Ein Jahr später erhielt die Mandantin dann trotzdem eine weitere Abmahnung von Rechtsanwalt Rainer Munderloh, diesmal im Auftrag der TELSEV SARL mit Sitz in Frankreich. Der Vorwurf betraf eine angebliche Urheberrechtsverletzung, die angeblich ebenfalls vor Erhalt der ersten Abmahnung und zwar bereits im Jahr 2012 über den Anschluss der Mandantin erfolgt sein soll.

Filesharing-Urteil Amtsgericht Heidelberg: das Verfahren

Wir haben für die Mandantin keine weitere Unterlassungserklärung gegenüber der TELSEV SARL abgegeben und jegliche Kostenerstattung zurückgewiesen. Dabei haben wir Rechtsanwalt Rainer Munderloh darauf hingewiesen, dass die Abmahnung aus zwei Gründen unbegründet ist: Zum einen lag bereits eine wirksame Unterlassungserklärung vor, zum anderen wurde der Verstoß durch die Mandantin auch nicht begangen.
Wir forderten nunmehr im Namen unserer Mandantin die hier angefallenen Rechtsanwaltskosten nach § 97a Abs. 4 UrhG von der TELSEV SARL an. Dabei haben wir exakt den Gegenstandswert zugrunde gelegt, den Rechtsanwalt Rainer Munderloh in der Abmahnung genannt hatte. Dies ergab Anwaltskosten brutto in Höhe von € 1.029,35. Auf unsere Zahlungsaufforderungen erfolgte jedoch keine Reaktion seitens Rechtsanwalt Rainer Munderloh, so dass wir auftragsgemäß die TELSEV SARL auf Freistellung von Rechtsanwaltskosten vor dem Amtsgericht Heidelberg verklagten.
In diesem Verfahren reichte Rechtsanwalt Rainer Munderloh für die TELSEV SARL eine Klageerwiderung ein und beantragte zunächst, unsere Klage abzuweisen. Begründet wurde dies mit der angeblich über den Anschluss der Mandantin begangenen Urheberrechtsverletzung. Außerdem sei die zuvor abgegebene Unterlassungserklärung nicht wirksam abgegben worden, da sie zu unbestimmt gewesen sei. Rechtsanwalt Rainer Munderloh habe diese zudem seinerzeit nicht an die TELSEV SARL weitergegeben. Außerdem erhob Rechtsanwalt Rainer Munderloh im Namen der TELSEV SARL Widerklage gegen unsere Mandantin und forderte im Rahmen dieser Widerklage einen Teilschadensersatz in Höhe von € 597,50.

Filesharing-Verfahren Amtsgericht Heidelberg: das Urteil

Mit Urteil vom 20.11.2014 (AZ.: 23 C 353/14) hat das Amtsgericht Heidelberg die TELSEV SARL zur Freistellung unserer Mandantin von den hier angefallenen Rechtsanwaltskosten verurteilt, die Widerklage abgewiesen und die Kosten des Verfahrens der TELSEV SARL auferlegt. Die TELSEV SARL hat somit im Ergebnis € 1,029,35 Rechtsanwaltskosten sowie die angefallenen Verfahrenskosten zu zahlen. Dabei ist das Amtsgericht Heidelberg in allen Punkten unserer Argumentation gefolgt. Im Einzelnen:
Zunächst bejahte das Amtsgericht Heidelberg einen Anspruch unserer Mandantin auf Erstattung der durch unsere Beauftragung angefallenen Rechtsanwaltkosten. Dabei stellte das Gericht darauf ab, dass wir für die Mandantin bereits vor Erhalt der Abmahnung der TELSEV SARL diesem Unternehmen gegenüber eine wirksame Unterlassungserklärung abgegeben hatten. Auf diese Unterlassungserklärung hätte sich die TELSEV SARL einfach berufen können, anstatt eine weitere Abmahnung auszusprechen. Rechtsanwalt Rainer Munderloh war nach Auffassung des Gerichts auch verpflichtet, die Unterlassungserklärung spätestens in dem Moment an die TELSEV SARL weiterzugeben, als diese Herrn Rechtsanwalt Rainer Munderloh mit dem Ausspruch der Abmahnung gegenüber unserer Mandantin beauftragte. Damit war für die TELSEV SARL erkennbar, dass die Abmahnung unberechtigt war.
Unsere Mandantin durfte sich aufgrund der gebotenen Chancengleichheit auch anwaltlicher Hilfe bedienen, da auch die TELSEV SARL einen Anwalt beauftragt hatte. Als Gegenstandswert setzte das Gericht den Gegenstandswert an, den Rechtsanwalt Rainer Munderloh in seiner Abmahnung selbst angenommen hatte.
Unser weiteres Argument - die Mandantin hatte die ihr vorgeworfene Urheberrechtsverletzung nicht begangen und ist hierfür auch nicht verantwortlich - hat das Gericht an dieser Stelle nicht berücksichtigt. Allerdings wurde dieses Argument im Rahmen der Widerklage bewertet: Das Gericht sah keine Verantwortlichkeit der Mandantin für die angeblich über ihren Anschluss begangene Urheberrechtsverletzung, weshalb die Widerklage der TELSEV SARL auf Zahlung von Schadensersatz abgewiesen wurde. Hier ist das Gericht wieder in allen Punkten unserer Argumentation gefolgt: Eine Anscheinsvermutung dafür, dass ein Anschlussinhaber für eine über seinen Anschluss begangene Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist, besteht nicht, wenn nebem dem Anschlussinhaber weitere Personen den Anschluss nutzen. Dies entspricht auch der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
Außerdem sah das Gericht nicht den Nachweis erbracht, dass die der Mandantin vorgeworfene Urheberrechtsverletzung seitens des von der TELSEV SARL eingesetzten Ermittlungsunternehmens zuverlässig ermittelt wurde. Daher kam es nach Auffassung des Gerichts nicht einmal mehr auf unsere Ausführungen im Rahmen der sekundären Darlegungslast an, weil die TELSEV SARL ihrer primären Darlegungslast nicht nachgekommen war. Allerdings wies das Gericht erfreulicher Weise darauf hin, dass es auch insoweit unserer Argumentation folgt und dass eine einmal bestehende Anscheinsvermutung dann entkräftet wird, wenn nebem dem Anschlussinhaber weitere Personen als Täter der vorgeworfenen Urheberrechtsverletzung in Betracht kommen.
Das Urteil können Sie hier im Volltext einsehen:
Speichern Öffnen UrteilAGHeidelbergvom20.11.2014.pdf (963,90 kb)

Was tun bei einer (unberechtigten) Abmahnung?

Das Urteil zeigt, dass es sich durchaus lohnt, sich gegen eine unberechtigte Abmahnung zur Wehr zu setzen. Der Gesetzgeber hat im letzten Jahr bewusst mit § 97 a Abs. 4 UrhG eine Vorschrift verabschiedet, die eine Kostenerstattung desjenigen vorsieht, der zu Unrecht eine Abmahnung ausspricht. Die Pflicht des zu unrecht Abmahnenden zur Kostenerstattung greift nach § 97 a Abs. 4 UrhG nur dann nicht ein, wenn für diesen zum Zeitpunkt nicht erkennbar war, dass die Abmahnung unberechtigt war.
Soweit unserer Kanzlei ersichtlich hatte sich auch ein Jahr nach Inkrafttreten des § 97 Abs. 4 UrhG bislang noch kein Gericht mit dieser Vorschrift auseinandersetzen müssen. Umso erfreulicher ist es, dass das Amtsgericht Heidelberg nunmehr mit sehr deutlichen Worten eine Kostenerstattungspflicht des zu unrecht Abmahnenden bejaht hat. Gerade für die Abmahner, die einen hohen Streitwert ansetzen, kann dies nach hinten losgehen, nämlich dann, wenn sich der zu unrecht Abgemahnte wehrt, den Spieß umdreht und den Abmahner auf Erstattung seiner eigenen Anwaltskosten verklagt.
Wir haben bereits eine vierstellige Anzahl von Abgemahnten erfolgreich vertreten und dabei zum Teil richtungsweisende Urteile vor zahlreichen Gerichten erstritten. Gerne vertreten wir auch Sie!


Eingestellt am 09.12.2014 von Rechtsanwalt A. Forsthoff
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